Blog des Departments Kunstwissenschaften

Zum Text gehören auch Daten. Eine neue Art, eine Dissertation in der Kunstgeschichte zu veröffentlichen.

20. Februar 2025

Jan Lutteroth stellt zusätzlich zu seiner kunsthistorischen Dissertation zur Münchner Residenz auch umfangreiche digitale Forschungsdaten bereit. Ein aktuelles und nachahmenswertes Beispiel, um weitere Forschungen anzureg

In der Kunstgeschichte verändert sich derzeit einiges – auch im Hinblick auf die Form der Veröffentlichung einer Dissertation. Jan Lutteroth hat sich in seiner Münchener Dissertation „Die Münchner Residenz als kommentierte 3D-Rekonstruktion“ (Open Access) intensiv und auf neue Weise mit der baulichen Entwicklungsgeschichte der Münchener Residenz bis etwa zum Dreißigjährigen Krieg auseinandergesetzt. Es ist ein digitales 3D-Modell entstanden, das erstmals die komplexen räumlichen Zusammenhänge und ihre Entwicklung über mehrere Generationen von Bauherrinnen und Bauherren aufzeigt.

Ich habe die Arbeit als Hochschullehrer betreut, und als wir vor etwa acht Jahren begannen, über Methoden und Ziele zu diskutieren, war die Kategorie der Daten noch weitgehend unbekannt, man sprach schlicht von Quellen, die gelesen und ausgewertet werden sollten. Die Maschinenlesbarkeit und Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten spielte in unserem Fach noch so gut wie keine Rolle. Das hat sich inzwischen sehr geändert, vor allem auch mit der Bewegung der NFDIs, also der Etablierung von nationalen Forschungsdateninfrastrukturen auch in den Geistes- und Kulturwissenschaften. Hier ist sozusagen eine neue Aufmerksamkeit für die Kunstgeschichte entstanden. Nicht zuletzt die unerwarteten Fortschritte der Künstlischen Intelligenz (KI) haben uns gezeigt, welchen Datenschatz auch wir verwalten.

Jan Lutteroth hat nicht nur die Münchner Residenz als Forschungsgegenstand bearbeitet, sondern auch einen erheblichen Teil seiner Zeit darauf verwendet, systematische Daten aus Archivalien zu gewinnen, die Aussagen aufzubereiten und für eine Publikation vorzubereiten. Ein Werkzeug dazu war simpel Excel, also keine besonders anspruchsvolle Software, darüberhinaus hat er aber schon früh ein paar 3D-Programme beherrscht, die komplexe Daten erzeugen. Den Rahmen für die Langzeitverfügbarkeit auch der Daten bietet in diesem Fall die UB der Universität Heidelberg, wo Maria Effinger und ihr Team solche Entwicklungen vorausschauend schon lange technisch begleiten. Nun stehen also die eigentliche Dissertationsschrift, die man als PDF lesen kann und auch als gedrucktes Buch erwerben kann, und die maschinelesbaren Daten zur Münchener Residenz quasi als Geschwister der Wissenschaft und Öffentlichkeit zur Verfügung. Ich hoffe, wie auch Jan, dass sich Forscherinnen und Forscher finden werden, die mit den Daten weitere Untersuchungen anstellen werden. Was diese Fragestellungen sind, in welche Richtung das geht, wird vielleicht genauso ein offener Weg, wie wir ihn am Beginn der Arbeit selbst vor acht Jahren erlebt haben.

Inzwischen lehrt Jan Lutteroth als Juniorprofessor in Mainz und Marburg neue Verfahren der Dokumentation des kulturellen Erbes, darunter einen Ansatz, der als „Historic Building Information Modelling“ (HBIM) für verschiedene Disziplinen relevant geworden ist.

Hier sind Jan Lutteroths Forschungsdaten zur Münchener Residenz zu finden: HeiUP Repositorium der Forschungsdaten von Jan Lutteroth

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